Abgeltungssteuer

„Das ist keine zusätzliche Steuer“ – Kirchlicher Finanzexperte: Abgeltungssteuer vereinheitlicht und vereinfacht – (epd-Interview) – (Wortlaut)Kassel (epd). Die am 1. Januar 2009 in Kraft tretende Abgeltungssteuer hat auch in kirchlichen Kreisen verschiedentlich für Irritationen gesorgt. Der Kasseler epd-Redakteur Christian Prüfer befragte hierzu Joachim Lies, Dezernent für die Finanzwirtschaft der Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.

epd: Herr Lies, jeder, der bei einer Bank ein Konto unterhält, hat wegen der ab Januar 2009 geltenden Abgeltungssteuer in den vergangenen Wochen Post bekommen. Da lag auch ein Antragsformular auf Einbehalt der Kirchensteuer bei. Versucht die Kirche, sich hier eine neue Einnahmequelle zu verschaffen?

Lies: Nein, das tut sie eindeutig nicht. Die neu geregelte Kapitalertragssteuer, auch Abgeltungssteuer genannt, ersetzt nur die bisherige Veranlagung der Einnahmen aus Kapitalerträgen bei der Einkommensteuer. Sie ist also keine zusätzliche Steuer. Mit der Einführung zum 1. Januar 2009 wird die Besteuerung von Kapitalerträgen, also Zinsen, Dividenden und anderen Kapitalerträgen, lediglich neu geordnet. Dadurch wird die Besteuerung für den Bürger und die Finanzverwaltung vereinheitlicht und vereinfacht. Für Steuerpflichtige mit einem persönlichen Steuersatz über 25 Prozent sinkt die Steuerbelastung sogar.

epd: Nun wurden ja schon bisher Zinsen, die über dem Sparerfreibetrag lagen, mit einer Zinsabschlagsteuer belegt. Da wurde aber keine Kirchensteuer abgeführt. Warum geschieht das jetzt?

Lies: Es ist richtig, dass die Banken bisher auch Kapitalertragsteuer für Zinsen aus Kapitalanlagen an das Finanzamt abgeführt haben. In den Medien wurde diese Besteuerung auch als Zinsabschlagsteuer bezeichnet. Diese Steuererhebung war jedoch zunächst nur eine Steuervorauszahlung. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurde diese Vorauszahlung dann mit dem an der Höhe des steuerpflichtigen Jahreseinkommens orientierten persönlichen Steuersatz verrechnet. Da die Kirchensteuer als so genannte „Annexsteuer“ der Einkommensteuer folgt, ist in diesem Veranlagungsprozess also ebenfalls Kirchensteuer angefallen.

epd: Was ist mit dem Sparerfreibetrag?

Lies: Die Sparerfreibeträge von 801 Euro für Alleinstehende und 1.602 Euro für Verheiratete bleiben bestehen. Einnahmen aus Kapitalerträgen innerhalb dieser Höchstbeträge werden auch weiterhin nicht besteuert.

epd: Was passiert, wenn jemand einen persönlichen Steuersatz hat, der unter 25 Prozent liegt? Zahlt der jetzt nicht mehr Steuern und Kirchensteuern als bisher?

Lies: Liegt der persönliche Steuersatz unter 25 Prozent, kann man die Überzahlung im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs oder der Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt verrechnen lassen.

epd: Angenommen, ich schicke meiner Bank das Antragsformular nicht zurück. Entfällt dann die Kirchensteuer auf solche Kapitalerträge?

Lies: Einerseits dürfen Sie natürlich Ihre Kirchenzugehörigkeit vor der Bank verschweigen. Andererseits wäre es Steuerhinterziehung, wenn Sie den Kirchensteueranteil an der Abgeltungssteuer nicht angeben. Alle Daten unterliegen dem Bankgeheimnis. Die Rücksendung des ausgefüllten Formulars an ihre Bank bewahrt Sie vor der in der Regel komplizierten Angabe bei der Steuererklärung.

epd: Welche Auswirkungen hat die Abgeltungssteuer auf die Kirchensteuereinnahmen?

Lies: Es gibt nach wie vor keine zuverlässigen Zahlen über die Auswirkung der Abgeltungssteuer auf die Höhe der Kirchensteuereinnahmen. Nach Schätzungen der Evangelischen Kirche in Deutschland wird für das Kirchensteueraufkommen aller Gliedkirchen aus der Kapitalertragsteuer im Jahr 2009 ein Rückgang um 70 Millionen Euro erwartet.

epd: Angenommen, jemand hat im Jahr 5.000 Euro an Zinsen und anderen Kapitalerträgen. Wie viel muss davon an Steuern gezahlt werden und wie viel an Kirchensteuer?

Lies: Eine allgemeine Musterberechnung ist nicht möglich, da mehrere Faktoren eine Rolle spielen. So ist beispielsweise der Familienstand wegen der Höhe der Freibeträge entscheidend. Sind neben den 5.000 Euro an Kapitalerträgen keine weiteren Einkunftsarten vorhanden, kann eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Allgemein aber lässt sich sagen: Bei Abführung von Kirchensteuer reduziert sich die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf 24,45 Prozent und der Solidaritätszuschlag von 1,38 Prozent auf 1,34 Prozent. Die Reduzierung kommt dadurch zustande, da es sich bei der Kirchensteuer um eine abzugsfähige Ausgabe handelt. Der Anteil der Kirchensteuer selbst beträgt 2,2 Prozent. Insgesamt beläuft sich die Abgeltungssteuer für ein Kirchenmitglied somit auf genau 27,99 Prozent.

Internet: http://www.ekkw.de/ratgeber/kirchensteuer (1905/11.12.08)

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